Du Ring an meinem Finger

Du Ring an meinem Finger,
 Mein goldnes Ringelein,
Ich drücke dich fromm an die Lippen,
 Dich fromm an das Herze mein.

Ich hatt' ihn ausgeträumet,
 Der Kindheit friedlich schönen Traum,
Ich fand allein mich, verloren
 Im öden, unendlichen Raum.

Du Ring an meinem Finger,
 Da hast du mich erst belehrt,
Hast meinem Blick erschlossen
 Des Lebens unendlichen Werth.

Ich kann's nicht fassen

Ich kann's nicht fassen, nicht glauben,
 Es hat ein Traum mich berückt;
Wie hätt' er doch unter allen
 Mich Arme erhöht und beglückt?

Mir war's, er habe gesprochen:
 Ich bin auf ewig dein --
Mir war's -- ich träume noch immer,
 Es kann ja nimmer so sein.

O laß im Traume mich sterben,
 Gewieget an seiner Brust,
Den seligsten Tod mich schlürfen
 In Thränen unendlicher Lust.

Er, der Herrlichste von allen

Er, der Herrlichste von allen,
 Wie so milde, wie so gut!
Holde Lippen, klares Auge,
 Heller Sinn und fester Muth.

So wie dort in blauer Tiefe,
 Hell und herrlich, jener Stern,
Also er an meinem Himmel,
 Hell und herrlich, hoch und fern.

Wandle, wandle deine Bahnen;
 Nur betrachten deinen Schein,
Nur in Demuth ihn betrachten,
 Selig nur und traurig sein!

Seit ich ihn gesehen

Seit ich ihn gesehen,
 Glaub' ich blind zu sein;
Wo ich hin nur blicke,
 Seh' ich ihn allein;
Wie im wachen Traume
 Schwebt sein Bild mir vor,
Taucht aus tiefstem Dunkel,
 Heller nur empor.

Sonst ist licht- und farblos
 Alles um mich her,
Nach der Schwestern Spiele
 Nicht begehr' ich mehr,
Möchte lieber weinen,
 Still im Kämmerlein;
Seit ich ihn gesehen,
 Glaub' ich blind zu sein.

Die alten, bösen Lieder

Die alten, bösen Lieder,
Die Träume schlimm und arg,
Die laßt uns jetzt begraben,
Holt einen großen Sarg.

Hinein leg' ich gar manches,
Doch sag' ich noch nicht was;
Der Sarg muß sein noch größer,
Wie's Heidelberger Faß.

Und holt eine Totenbahre,
Von Brettern fest und dick;
Auch muß sie sein noch länger,
Als wie zu Mainz die Brück'.

Aus alten Märchen winkt es

Aus alten Märchen winkt es
Hervor mit weißer Hand,
Da singt es und da klingt es
Von einem Zauberland;

Wo bunte Blumen blühen
Im gold'nen Abendlicht,
Und lieblich duftend glühen,
Mit bräutlichem Gesicht;

Und grüne Bäume singen
Uralte Melodei'n,
Die Lüfte heimlich klingen,
Und Vögel schmettern drein;

Und Nebelbilder steigen
Wohl aus der Erd' hervor,
Und tanzen luft'gen Reigen
Im wunderlichen Chor;

Allnächtlich im Traume

Allnächtlich im Traume seh' ich dich
Und sehe dich freundlich grüßen,
Und laut aufweinend stürz' ich mich
Zu deinen süßen Füßen.

Du siehst mich an wehmütiglich
Und schüttelst das blonde Köpfchen;
Aus deinen Augen schleichen sich  
Die Perlentränentröpfchen.

Du sagst mir heimlich ein leises Wort
Und gibst mir den Strauß von Zypressen.
Ich wache auf, und der Strauß ist fort,
Und das Wort hab' ich vergessen.

Ich hab' im Traum geweinet

Ich hab' im Traum geweinet,
Mir träumte, du lägest im Grab.
Ich wachte auf, und die Träne 
Floß noch von der Wange herab.

Ich hab' im Traum geweinet,
Mir träumt', du verließest mich.
Ich wachte auf, und ich weinte
Noch lange bitterlich.

Ich hab' im Traum geweinet,
Mir träumte, du wär'st mir noch gut.
Ich wachte auf, und noch immer
Strömt meine Tränenflut.

Ein Jüngling liebt ein Mädchen

Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen andern erwählt;
Der andre liebt eine andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.

Das Mädchen heiratet aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.

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