Wien, du Stadt meiner Träume

Mein Herz und mein Sinn
schwärmt stets nur für Wien,
für Wien, wie es weint, wie es lacht,
da kenn ich mich aus,
da bin ich halt z'haus
bei Tag und noch mehr bei der Nacht,
und keiner bleibt kalt,
ob jung oder alt,
der Wien wie es wirklich ist, kennt.
Müßt einmal ich fort
von dem schönen Ort,
da nähm' meine Sehnsucht kein End.
Dann hört ich aus weiter Ferne ein Lied,
das klingt und singt, das lockt und zieht:

Gekämpft hat meine Barke

Gekämpft hat meine Barke
Mit der erzürnten Flut.
Ich seh' des Himmels Marke,
Es sinkt des Meeres Wut.

Ich kann dich nicht vermeiden,
O Tod nicht meiner Wahl!
Das Ende meiner Leiden
Beginnt der Mutter Qual.

O Mutterherz, dich drücke
Dein Schmerz nicht allzu sehr!
Nur wenig Augenblicke
Trennt uns des Todes Meer.

Dort angelangt, entweiche
Ich nimmermehr dem Strand:
Seh' stets nach dir, und reiche
Der Landenden die Hand.

Die letzten Blumen starben

Die letzten Blumen starben!
Längst sank die Königin
Der warmen Sommermonde,
Die holde Rose hin!

Du, hehre Georgine,
Erhebst nicht mehr dein Haupt!
Selbst meine hohe Pappel
Sah ich schon halb entlaubt.

Bin ich doch weder Pappel,
Noch Rose zart und schlank,
Warum soll ich nicht sinken,
Da selbst die Rose sank?

Reich mir die Hand, o Wolke

Reich mir die Hand, o Wolke,
Heb mich zu dir empor!
Dort stehen meine Brüder
Am offnen Himmelstor.

Sie sind's, obgleich im Leben
Ich niemals sie geseh'n:
Ich seh' in ihrer Mitte
Ja unsern Vater steh'n!

Sie schau'n auf mich hernieder,
Sie winken mir zu sich.
O reich' die Hand mir, Wolke,
Schnell, schnell erhebe mich!

Stille Tränen

Du bist vom Schlaf erstanden
Und wandelst durch die Au.
Da liegt ob allen Landen
Der Himmel wunderblau.

So lang du ohne Sorgen
Geschlummert schmerzenlos,
Der Himmel bis zum Morgen
Viel Tränen niedergoß.

In stillen Nächten weinet
Oft mancher aus dem Schmerz,
Und morgens dann ihr meinet,
Stets fröhlich sei sein Herz.

Du nennst mich armes Mädchen

Du nennst mich -- armes Mädchen;
Du irrst, ich bin nicht arm.
Entreiss dich, Neugier halber,
Einmal des Schlafes Arm,

Und schau' mein niedres Hüttchen,
Wenn sich die Sonne hold
Am Morgenhimmel hebet:
Sein Dach ist reines Gold!

Komm' Abends, wann die Sonne
Bereits zum Meere sinkt,
Und sieh' mein einzig Fenster,
Wie's von Topasen blinkt!

Viel Glück zur Reise, Schwalben!

Viel Glück zur Reise, Schwalben!
Ihr eilt, ein langer Zug,
Zum schönen warmen Süden
In frohem kühnen Flug.

Gern möchte wohl die Reise
Ich einmal tun mit euch,
Zu seh'n die tausend Wunder,
Die darbeut jedes Reich.

Doch immer käm ich wieder,
Wie schön auch jedes Land,
Und reich an Wundern wäre,
Zurück in's Vaterland.

Allerseelen

Stell auf den Tisch die duftenden Reseden,
Die letzten roten Astern trag herbei,
Und laß uns wieder von der Liebe reden,
Wie einst im Mai.

Gib mir die Hand, daß ich sie heimlich drücke
Und wenn man's sieht, mir ist es einerlei,
Gib mir nur einen deiner süßen Blicke,
Wie einst im Mai.

Es blüht und funkelt heut auf jedem Grabe,
Ein Tag im Jahre ist den Toten frei,
Komm an mein Herz, daß ich dich wieder habe,
Wie einst im Mai.

Schneeglöckchen

Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen
 Vom Himmel fiel,
Hängt nun geronnen heut als Glöckchen
 Am zarten Stiel.

Schneeglöckchen läutet, was bedeutet's
 Im stillen Hain?
O komm geschwind! Im Haine läutet's
 Den Frühling ein.

O kommt, ihr Blätter, Blüt' und Blume,
 Die ihr noch träumt,
All zu des Frühlings Heiligtume!
 Kommt ungesäumt!

Der Wanderer

Es geht ein Wand'rer durch die Nacht
Mit gutem Schritt;
Und krummes Tal und lange Höhn -
Er nimmt sie mit.
Die Nacht ist schön -
Er schreitet zu und steht nicht still,
Weiß nicht, wohin sein Weg noch will.

Da singt ein Vogel durch die Nacht.
"Ach Vogel, was hast du gemacht!
Was hemmst du meinen Sinn und Fuß
Und gießest süßen Herz-Verdruß
In's Ohr mir, daß ich stehen muß
Und lauschen muß -
Was lockst du mich mit Ton und Gruß?"

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